Mehr Extremwetter – weniger Tote?
Nehmen Extremwetter zu?
Fast im Minutentakt wird über die aktuellsten Katastrophen in der Welt berichtet.
Es sind schreckliche Ereignisse und gefühlt werden es immer mehr. Oft sind vermeintlich viele Menschen betroffen, denn die absoluten Zahlen erscheinen uns riesig. Jede Katastrophe ist schlimm, aber zum Zeitpunkt der Berichterstattung ist es nur eine Momentaufnahme.
Die Relation fehlt.
Nimmt die Häufigkeit wirklich zu? Verändern sich die Auswirkungen, werden sie schlimmer? Das kann man nur beurteilen, wenn man in die Vergangenheit blickt.
Was sagen die Daten?
Nach den in Abbildung 1 dargestellten Daten hat die Zahl der registrierten Naturkatastrophen seit 1900 zugenommen.
Dazu gehören: Dürren, Überschwemmungen, extreme Wetterereignisse und Temperaturen, Erdrutsche, Massenbewegungen, Brände, vulkanische Aktivitäten und Erdbeben. Der Trend scheint klar zu sein, aber kann die Veränderung im Laufe der Zeit nicht auch durch verschiedene Faktoren beeinflusst worden sein?
Die Grafik sagt es bereits: es geht um engl. “recorded” – „gemeldete Katastrophen“.

Die Qualität ist entscheidend
Die Datenqualität ist immer ein Schlüsselfaktor für das Verständnis der Daten. So auch bei Naturkatastrophen.
Ungenaue Daten können zu einer erheblichen Untererfassung oder Unsicherheit bei weit zurückliegenden Ereignissen führen. Die zeitliche Konsistenz der Berichterstattung ist entscheidend, um langfristige Trends verfolgen zu können. Die Qualität der Daten und der Berichterstattung verbessert sich ständig, insbesondere durch den technologischen Fortschritt, die bessere Vernetzung und den größeren Erfassungsbereich.
Genau aus diesem Grund kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass ein direkter und tatsächlicher Trend der Katastrophenereignisse abgebildet wird.
Mehr Ereignisse, weniger Tote?
Die Daten lügen nicht: Die Zahl der Todesfälle durch Naturkatastrophen sinkt.
Dies geht aus dem Global Burden of Disease (GBD) Datensatz hervor (siehe Abbbildung 2), der Daten über Todesfälle und Sterblichkeitsraten infolge von Naturkatastrophen zusammenfasst. Zurückzuführen ist dies auf verbesserte Infrastruktur, Evakuierungspläne und Zugang zu Gesundheitsversorgung. Diese tragen wesentlich dazu bei, die Auswirkungen von Naturkatastrophen auf das Leben der Menschen zu verringern.

Nur die halbe Miete
Doch auch diese Daten sind nur „geschätzt“.
Geschätzt ist hier bewusst in Anführungszeichen gesetzt. Denn die Ermittlung der Sterberaten erfolgt durch die Analyse von Daten aus unterschiedlichsten nationalen und internationalen Quellen mit Hilfe von Modellierungs- und Regressionstechniken. Daten die nicht in überall auf der Welt gleich erfasst und gemeldet werden. Doch dürften auch diese Daten wie oben beschrieben mit fortschreitender Technologischen Entwicklung immer genauer werden.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Auswirkungen von Naturkatastrophen über die Sterblichkeit hinausgehen und auch Verletzungen, Obdachlosigkeit und Vertreibung umfassen, die in diesem Trend nicht enthalten sind.
Die Veränderung verstehen
Um die Entwicklung der Auswirkungen von Naturkatastrophen zu verstehen, ist es natürlich wichtig, historische Daten und Trends zu analysieren.
Die Emergency Events Database (EM-DAT) und der GBD-Datensatz liefern hier wertvolle Informationen über die Häufigkeit, Intensität und Auswirkungen von Naturkatastrophen. Diese Daten sind in Abbildung 3 visualisiert und geben einen Eindruck über die globale Entwicklung von Naturkatastrophen und Todesursachen im letzten Jahrhundert. Dargestellt ist die geschätzte Zahl der Todesopfer nach Art der Katastrophe.
Die Größe der Blase dient zusätzlich als Indikator für die Gesamtzahl der Todesopfer im jeweiligen Jahr.

Große Verluste bleiben aus
Die Grafik zeigt, dass es im 20. Jahrhundert immer wieder Jahre gab, in denen die Zahl der Todesopfer aufgrund von Naturkatastrophen in die Millionen ging.
Ursachen waren Dürren und Überschwemmungen sowie die damit verbundenen Hungersnöte. Interessanterweise sind solche enormen Sterberaten im 21. Jahrhundert nicht mehr zu verzeichnen. Dies ist wahrscheinlich auf die verbesserte Ernährungssicherheit, die Widerstandsfähigkeit gegenüber Katastrophen und die verbesserte globale Reaktion und Zusammenarbeit zurückzuführen.
Heutige Hungersnöte werden heute meist durch Bürgerkriege und politische Unruhen ausgelöst.
In den meisten Jahren liegt die Zahl der Todesopfer bei Katastrophen in der Größenordnung von 10.000 bis 20.000 Menschen. Größere Zahlen sind besonders auf schwere Erdbeben oder Wirbelstürme zurückzuführen.
Zusammenfassung
Die Wahrnehmung von Naturkatastrophen hängt von der Berichterstattung und den verfügbaren Daten ab.
Große Zahlen bestimmen den Raum, sind aber nur eine Momentaufnahme. Die Analyse historischer und aktueller Daten zeigt, dass die Zahl der gemeldeten Naturkatastrophen zwar zu-, die Zahl der Todesopfer jedoch abnimmt. Auch im Vergleich zum 20. Jahrhundert sind die Todesraten heute erfreulicherweise rückläufig, was auf eine zunehmende Resilienz gegenüber Katastrophen hindeutet.
Dieses Verständnis ist besonders relevant für unsere Reaktion auf die unerbittlich fortschreitenden Klimakrise, welche sich als deutliche Zeichen in den Extremwetterereignissen widerspiegeln.
Zusatz
Das wir resilienter gegenüber den Extremwetterereignissen werden, heißt nicht, dass wir uns damit zurücklehnen können.
Die Folgen der sind deutlich weitreichender. Extremwetterereignisse ziehen zusätzlich erhebliche wirtschaftlichen Schäden, Nahrungsmittelunsicherheiten, Biodiversitätsverluste, Auswirkungen auf das Gesundheitssystem und viele weitere Konsequenzen nach sich.
Neben der Adaption (Anpassung) an die klimatischen Veränderungen ist die Mitigration (Abschwächung) der Veränderungen nötig. Für diese sind grundlegende Verhaltensänderungen nötig.
Kontaktiere mich, wenn du mehr zu dem Thema lernen möchtest.
Abbildungen: https://ourworldindata.org/natural-disasters#