4 Hauptgründe, warum zirkulärer Wandel nicht stattfindet und was Unternehmen tun können
Eines vorweg: Technologie ist nicht der Hauptfaktor, der den Wandel bremst.
Thema Kreislaufwirtschaft: Was hält uns eigentlich zurück?
Kulturelle Barrieren: Diese wurden in einer Studie 1 mit Kreislauf-Start-ups, KMUs und etablierten Unternehmen als Hauptgründe genannt. Marktbarrieren oder politische Hindernisse wurden dagegen als weniger wichtig für die Beschleunigung des Übergangs zur Kreislaufwirtschaft angesehen.
Aber was genau ist das? Lasst uns nun einen genaueren Blick auf die einzelnen Hindernisse werfen.
Kulturelle Barrieren
Kulturelle Barrieren sind z.B. mangelndes Interesse und Bewusstsein der Verbraucher sowie eine zögerliche Unternehmenskultur.
Häufig sind sich Verbraucher der Vorteile zirkulärer Produkte und Materialien nicht bewusst und neigen dazu, neue Produkte gegenüber recycelten oder wiederaufbereiteten Varianten zu bevorzugen. Diese Präferenz kann es zirkulären Produkten schwer machen, auf dem Markt mit Neuprodukten zu konkurrieren. Es ist auch möglich, dass Unternehmen das Konzept der Kreislaufwirtschaft noch nicht vollständig in ihre strategische Ausrichtung, Mission, Vision, Ziele und Leistungsindikatoren integriert haben.
Zirkuläres Wirtschaften ist also noch nicht in der Breite angekommen.
Dies wird durch eine weitere Studie bestätigt, die ähnliche Barrieren, in diesem Fall soziale und wertebasierte Barrieren als Schlüsselfaktoren identifiziert hat. Diese verhindern, dass das Konzept des zirkulären Wirtschaftens eine hohe politische Priorität erhält 2.
Um die kulturellen Barrieren erfolgreich zu überwinden, ist es entscheidend, einen umfassenden Multi-Stakeholder-Ansatz zu verfolgen. Das bedeutet, dass Verbraucher und Unternehmen gleichermaßen für die vielfältigen Vorteile der Kreislaufwirtschaft sensibilisiert werden müssen 1. Gleichzeitig können Anreize geschaffen werden, um Unternehmen zu ermutigen, kreative zirkuläre Geschäftsmodelle zu entwickeln und umzusetzen.
Marktbarrieren
Marktbarrieren sind z.B. niedrige Preise für Neumaterial und hohe Investitionskosten.
Niedrige Neupreise für Materialien können es schwieriger machen, sich gegenüber herkömmlichen Produkten aus nicht erneuerbaren Ressourcen zu behaupten. Eine geringere Nachfrage nach kreislauforientierten Produkten kann wiederum dazu führen, dass Unternehmen zögern, in solche Geschäftsmodelle zu investieren. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die möglicherweise nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, könnten zudem durch hohe Vorabinvestitionskosten bei der Einführung neuer Technologien und Prozesse behindert werden.
Politische Maßnahmen wie Steuern, Subventionen und marktbasierte Ansätze wie Zertifizierungs- und Kennzeichnungssysteme können dazu beitragen, die Nachfrage nach Kreislaufprodukten zu steigern.
Gleichzeitig schaffen sie Anreize für Unternehmen, mehr in zirkuläre Geschäftsmodelle zu investieren.
Politische Hemmnisse
Politische Hemmnisse können z.B. Gesetze oder Verordnungen sein, die eine effektive Integration der Kreislaufwirtschaft behindern.
Insbesondere wenn es um die Verwendung von Recyclingmaterialien oder den grenzüberschreitenden Transport von Abfällen geht, können rechtliche Fallstricke auftreten. Ebenso kann die fehlende Integration der Kreislaufwirtschaft in die Innovationspolitik zu einem Mangel an finanzieller Unterstützung und Ressourcen für Kreislaufinnovationen führen. Auch hier sind koordinierte politische Anstrengungen auf nationaler und internationaler Ebene erforderlich, um die Transformation zu bewältigen.
Es muss ein günstiges Regelungsumfeld für die Kreislaufwirtschaft geschaffen werden, das Politiken und Regelungen umfasst, die Anreize für zirkuläre Geschäftsmodelle bieten und Innovationen in diesem Bereich unterstützen.
Geld ist nicht alles
Dies geht aus einem kürzlich veröffentlichten Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs hervor.
Durch die Bereitstellung von mehr als 10 Milliarden Euro zwischen 2014 und 2020 soll die zirkuläre Nutzung von Materialien bis 2023 verdoppelt werden. Die Mittel waren vor allem für kreislauforientierte Entwicklungen vorgesehen. Das Ergebnis ist jedoch ein anderes: Wofür wurde das Geld verwendet?
Die Zirkularitätsrate ist in der EU nur um 0,4 Prozent gestiegen.
In 7 Ländern ist sie sogar gesunken, weil die Mittel vor allem in die Abfallwirtschaft geflossen sind. Das Potenzial zur Verringerung der Umweltauswirkungen ist hier jedoch deutlich geringer als bei einem kreislauforientierten Design.
Dies zeigt, dass genauere Definitionen und Regelungen notwendig sind, um die Mittel gezielt für die Abfallvermeidung einzusetzen 3.
Technologische Barrieren
Interessant ist, dass von den vier untersuchten technischen Herausforderungen im Ranking keine unter den wichtigsten Hindernissen zu finden ist.
Obwohl das “Fehlen eines Kreislaufdesigns” als technologisches Hemmnis identifiziert wurde, rangiert es eher im Mittelfeld. Interessant ist, dass die Unternehmen die “Fähigkeit, qualitativ hochwertige rezyklierte Produkte zu liefern” sogar als das am wenigsten dringende Hindernis unter allen untersuchten Aspekten ansehen 1. Einige Quellen betonen die Bedeutung technologischer Barrieren 4, 5, ohne jedoch „kulturelle Barrieren“ zu untersuchen.
Insgesamt deutet dies darauf hin, dass technologische Barrieren zwar wichtig, aber möglicherweise nicht die dringendsten Hindernisse für den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft in der EU sind.
Zusammenfassung
Kulturelle Barrieren werden in der Studie als die größten Herausforderungen für eine effektive Transformation zur Kreislaufwirtschaft identifiziert.
Dazu zählen vor allem das mangelnde Interesse der Verbraucher und eine zögerliche Unternehmenskultur. Diese Aspekte beeinflussen maßgeblich die Akzeptanz zirkulärer Ansätze. Ebenso spielen Marktbarrieren oder politische Hemmnisse wie Gesetze und Verordnungen eine Rolle. Um diese Barrieren zu überwinden, bedarf es koordinierter Anstrengungen auf nationaler und internationaler Ebene. Es zeigt sich jedoch, dass trotz milliardenschwerer Subventionen nur begrenzte Fortschritte bei der Transformation zu verzeichnen sind.
Verbraucher:innen und Unternehmen sind gleichermaßen gefragt über die vielfältigen Vorteile des zirkulären Wirtschaftens zu sensibilisieren 1, damit die Transformation geling.
Referenzen:
1 J. Kirchherr et al., “Barriers to the Circular Economy: Evidence From the European Union (EU),” Ecological Economics, vol. 150, pp. 264–272, Aug. 2018, doi: 10.1016/j.ecolecon.2018.04.028.
2 L. Kok, G. Wurpel, and A. Ten Wolde, “Unleashing the Power of the Circular Economy,” Amsterdam (Netherlands), Apr. 2013.
3 Europäische Union, Kreislaufwirtschaft: Langsame Umsetzung in den Mitgliedstaaten trotz EU-Maßnahmen. Luxemburg, 2023. Accessed: Aug. 11, 2023. [Online]. Available: https://www.eca.europa.eu/de/publications/sr-2023-17
4 V. Rizos, A. Behrens, T. Kafyeke, M. Hirschnitz-Garbers, A. Ioannou, and B. Centre for European Policy Studies (Brussels, The circular economy: barriers and opportunities for SMEs.
5 S. Shahbazi, M. Wiktorsson, M. Kurdve, C. Jönsson, and M. Bjelkemyr, “Material efficiency in manufacturing: swedish evidence on potential, barriers and strategies,” J Clean Prod, vol. 127, pp. 438–450, Jul. 2016, doi: 10.1016/j.jclepro.2016.03.143.