Close-up of hands holding red and blue pills, symbolizing a choice. Conceptual studio shot.

Wie kognitive Verzerrungen (Biases) Teamentscheidungen beeinflussen

Veränderungsprozesse in Organisationen sind komplex und oft voller Unsicherheiten.

Egal ob neue Teammitglieder, neue Ausrichtungen oder neue Strategien – Entscheidungen müssen oft unter Zeitdruck und mit begrenzten Informationen getroffen werden. Doch genau hier schlagen kognitive Verzerrungen (engl. Biases) – systematische Denkfehler, die unsere Wahrnehmung, Entscheidungsfindung und Urteile unbewusst beeinflussen – zu: Sie sorgen dafür, dass Teams an alten Mustern festhalten, Risiken unterschätzen oder Gruppenentscheidungen ineffizient laufen.

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass diesen kognitiven Verzerrungen einen erheblichen Einfluss auf Entscheidungsprozesse und die Effektivität von Organisationen haben (Ramalakshmi et al., 2019) Glücklicherweise gibt es Methoden (z. B. Debiasing und Choice Architecture) um diesen Denkfallen systematisch entgegenzuwirken (Fasolo et al., 2024)

Lasst uns anschauen, wie diese Ansätze speziell Teams und Führungskräfte bei besseren Entscheidungen unterstützen können.

Warum Teams in Denkfallen tappen

Veränderungen fordern Teams auf, alte Strukturen zu hinterfragen und neue Wege zu gehen. Doch genau hier kommen psychologische Fallstricke – die kognitiven Verzerrungen – ins Spiel:

  • Status-quo-Bias: Teams bevorzugen den aktuellen Zustand und scheuen Veränderungen, selbst wenn diese objektiv besser wären (Claes & Jacquemin, 2017)
  • Bestätigungsfehler (Confirmation Bias): Neue Informationen werden so interpretiert, dass sie bestehende Überzeugungen unterstützen – das hemmt systemische Innovation (Das & Teng, 1999).
  • Gruppendenken (Groupthink): Das überhören von kritischen Stimmen zu gunsten von dominanten Meinungen (Acciarini et al., 2020).
  • Kurzfristiges Denken: Langfristige Entwicklungen werden durch den Fokus auf schnelle Erfolge verdrängt. Dies kann dazu führen, dass nachhaltige Veränderungen nicht umgesetzt werden (Fasolo et al., 2024)

Hierdurch können z. B. Veränderungsprozesse stagnieren, Widerstand entstehen und sich alte Muster wiederholen.

Die gute Nachricht: Es gibt systemische Ansätze, die diese Fallen entschärfen.

Strategien für bessere Entscheidungen

Hier einige Strategien nach (Fasolo et al., 2024) um bessere Entscheidungen zu treffen:

1. Debiasing: Für Denkfehler sensibilisieren

Debiasing setzt direkt beim Denken der Menschen an. Teams werden befähigt, ihre eigenen kognitiven Verzerrungen zu erkennen und aktiv zu hinterfragen.

Drei wirksame Ansätze:

a) Reflexionsräume und Bias-Checks nutzen

In Change-Prozessen brauchen Teams bewusst gestaltete Reflexionsräume.

Der „Bias-Check“: Vor einer Entscheidung fragt das Team:

  • „Welche Annahmen treffen wir gerade?“
  • „Gibt es gegenteilige Informationen, die wir ignorieren?“
  • „Welche unbewussten Muster beeinflussen unsere Entscheidung?“

Das Bewusstsein und die Selbstreflexion über eigene Denkmuster sind erste Schritte um diesen effektiv zu begegnen (Langford et al., 2020).

P. S. Eine einfache Übung zum Thema Selbstreflexion findest du in unserem Blog.

b) Perspektivwechsel fördern („Consider the Opposite“)

Systematisch andere Perspektiven einzunehmen hilft, um kognitive Starrheit zu vermeiden. Beispiel:

  • Statt nur die Vorteile einer Transformation zu diskutieren, können Teams aktiv überlegen: Warum könnte das Vorhaben scheitern?
  • Oder umgekehrt: Statt Gründe gegen eine Veränderung zu sammeln, können gezielt Gründe dafür aufgelistet werden.

Der Perspektivwechsel kann helfen, Entscheidungsqualität und Innovationsfähigkeit zu steigern (Ramalakshmi et al., 2019).

c) Feedbacksysteme für bessere Entscheidungsqualität implementieren

Wichtigen Entscheidungen sollten retrospektiv analysiert werden:

  • „Gabe es Denkfehler?“
  • „Welche Denkfehler sind passiert?“
  • „Welche kognitiven Prozesse haben uns geholfen?“

Strukturierte Feedbackmechanismen verbessern langfristig die Entscheidungsqualität in Organisationen (Acciarini et al., 2020).

2. Entscheidungsarchitektur (Choice Architecture) gestalten

Während Debiasing das Denkmuster herausfordert, kann zusätzlich die Entscheidungsarchitektur (Choice Architecture) angepasst werden.

a) Entscheidungsoptionen bewusst gestalten

Schlechte Entscheidungen entstehen oft durch schlecht strukturierte Entscheidungsoptionen. Ein Beispiel:

  • Standardoption (Default): „Alles bleibt, wie es ist.“
  • Neue Option: „Wir führen ein 3-monatiges Pilotprojekt durch.“

Wenn das Pilotprojekt als neuer Default gesetzt wird, erhöhen sich die Chancen, dass es ausprobiert wird (Fasolo et al., 2024). Vorsicht: Ein solcher Default kann auch unbeabsichtigte negative Folgen haben. Teams könnten das Pilotprojekt als Pflicht ansehen, ohne alternative Ansätze zu prüfen, oder sich verpflichtet fühlen, es trotz mangelnden Erfolgs fortzuführen.

b) Transparenz und Entscheidungsrahmen verbessern

Organisationen können:

  • Zahlen visuell darstellen: Statt komplexe Berichte, klare Grafiken nutzen.
  • Szenarien statt Prognosen: Zukunftsbilder helfen, Unsicherheiten zu reduzieren.

Diese Maßnahmen können die Akzeptanz von Veränderungen erhöhen (Das & Teng, 1999).

c) Strukturelle Nudges für Change-Prozesse nutzen

  • Meeting-Architektur ändern: Zuerst Junior-Teammitglieder sprechen lassen, um Gruppendenken zu reduzieren.
  • Schnellere Innovationsprozesse: Bürokratische Hürden für neue Ideen abbauen.

Diese Methoden verbessern die Fähigkeit von Organisationen, sich anzupassen und Innovationsprozesse zu beschleunigen, indem sie Hürden für neue Ideen abbauen (Acciarini et al., 2020).

Fazit: Veränderungsprozesse klüger gestalten

Kognitive Verzerrungen sind eine unsichtbare „Hürden“, die Veränderungsprozesse blockieren können. Methoden zum Debiasing und zur Veränderung der Entscheidungsarchitektur (Choice Architecture) können Organisationen gezielt gegensteuern – für klügere Entscheidungen und erfolgreichere Change-Prozesse.

Mehr zu evidenzbasiertem Veränderungsmanagement und Entscheidungsfindung findest du in unserem Blogartikel über die Wichtigkeit von Evidenz in Change-Prozessen.

Download und Kurs

Möchtest du bessere Entscheidungen treffen?

>>> Im Downloadbereich findest du Arbeitsblätter in Deutsch und Englisch <<<

Übung 1: Bias-Check – Denkmuster prüfen
Übung 2: Perspektivwechsel – „Consider the Opposite“
Übung 3: Entscheidungsfeedback – Lernen aus Fehlern
Übung 4: Entscheidungsarchitektur (Choice Architecture) bewusst gestalten
Übung 5: Szenario-Sprint – Zukunftsbilder entwerfen

In unseren Kursen wenden wir gemeinsam diese und noch viele weitere Methoden an um die Zusammenarbeit in Team noch erfolgreicher zu machen.

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Referenzen

  • Acciarini, C., Brunetta, F., & Boccardelli, P. (2020). Cognitive biases and decision-making strategies in times of change. Journal of Business Research.
  • Claes, R., & Jacquemin, L. (2017). Cognitive biases in decision-making in post-bureaucratic organizations. European Management Journal.
  • Das, T. K., & Teng, B. S. (1999). Cognitive biases and strategic decision processes: An integrative perspective. Journal of Management Studies.
  • Fasolo, B., Heard, B., & Schuldt, J. P. (2024). Mitigating cognitive bias to improve organizational decision-making. Organizational Behavior and Human Decision Processes.
  • Langford, B. J., Daneman, N., & Leung, V. (2020). Cognitive bias: How understanding its impact on antibiotic stewardship can improve decision-making. Clinical Infectious Diseases.
  • Ramalakshmi, G., & Haritha, K. (2019). The impact of cognitive biases on organizational decision-making. International Journal of Business and Management.

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